Stefan Everts im Interview

Stefan Everts im Interview

Motocross Gaildorf

Seit vergangenen Sonntag ist es amtlich: Stefan Everts ist Moto-Cross Weltmeister 2003 in der MXGP Klasse. Es ist sein Siebter Titel insgesamt, doch das ist nicht der einzige Rekord den er hält: Ihm gelang es Titel in allen 3 Hubraumklassen zu gewinnen und zudem errang er in seiner Laufbahn bisher 69 GP-Siege und es werden sicherlich noch so einige folgen! Er ist unbestritten der erfolgreichste Motocross-Fahrer aller Zeiten und momentan, mit 31 Jahren in der Form seines Lebens: Die letzten 5 GP-Läufe ist er sowohl in der 125er, als auch in der MXGP-Klasse angetreten, konnte 9 Läufe gewinnen und ist somit seit 13 Rennen in Folge ungeschlagen.

Beim Grandprix in Gaildorf trafen wir einen fröhlichen, ausgelassenen Stefan Everts am Samstag Abend vor dem Renntag. Ein Fahrer, der nicht nur auf der Strecke beeindruckt, sondern trotz des Rummels um seine Person auch ein angenehmer, freundlicher Mensch geblieben ist. Er beweist, was den wahren Champion ausmacht: Alles 100%ig zu machen und daran Freude zu haben.

Bitte beachtet auch unser Gewinnspiel in dem wir handsignierte Poster von Stefan verlosen. - Das Gewinnspiel ist beendet, in Kürze werden die Gewinner bekanntgegeben -

Teil 1 von 2   >zu TEIL2

Gaildorf (D), Samstag, 23.08.03, 18:15 Uhr

Hi Stefan, toll das du dir die Zeit nimmst!
Klar, gerne kein Problem...

Zunächst mal zu diesem Wochenende: Du bist in der Qualifikation Zweiter geworden. Bist du zufrieden?
Ich bin zufrieden. Die Zeit zwischen mir und Pichon ist ziemlich groß, aber ich bin nicht so nervös wegen morgen. Das Rennen ist immer etwas anderes: 35 Minuten und 2 Runden...Ich denke, daß ich immer den Vorteil habe vorher den 125er Lauf zu fahren. Dann kenne ich die Strecke viel besser und kann am Anfang viel aggressiver fahren im Rennen der 450er Klasse. Aus diesem Grund bin ich nicht so enttäuscht von dem Ergebnis. Morgen ist ein neuer Tag...

Wie fühlst du dich? Wie liegt dir die Strecke?
Die Strecke liegt mir schon gut, sie ist anders als die anderen Strecken: Immer ganz hart und es ist Mitte August ...und sehr warm!

In der WM ist ja noch alles offen - was wird deine Taktik sein für die letzten Rennen?
Vollgas! Ich denke, es ist keine gute Einstellung jetzt schon anzufangen zu rechnen. Ich werde weiter attakieren für den GP - Sieg. Wenn man auf den zweiten oder dritten Platz fährt, dann fängt man an anders zu fahren, ist nicht 100%ig konzentriert und die Gefahr einen Fehler zu machen ist viel größer. Es ist besser Vollgas zu geben und zu versuchen das Rennen zu gewinnen.

Bedeutet das für dich auch volles Risiko?
Motocross ist ein risikoreicher Sport, aber ich nehme immer wenig Risiken in Kauf, wenn ich fahre. So auch jetzt...

Anfang der Saison gingen die ersten 3 Läufe klar an Mickael, dann kamst du. Was ist da passiert?
Am Anfang war das Problem in meinem Kopf: Ich bin nicht immer mein eigenes Rennen gefahren. Ich bin das Rennen von Pichon und Smets gefahren. Meine ersten Rennen in der Saison waren so gut.. ich bin in Spanien angekommen und dachte "Okay, jetzt werde ich siegen" ... Total aufgepumpt ... nach 15 Minuten war ich total durch, hatte verkrampfte Arme. In Holland war es besser, aber dann hatte ich etwas Pech mit einem kaputten Vorderrad und so wurde ich da nur Neunter. In Deutschland, das war ein ganz schlechtes Rennen. Aber in Italien dann, bin ich das 125er Rennen gefahren, mehr so zum Spaß. Das hat mich sehr locker gemacht und vom Stress befreit. Von Montevarchi an bin ich nur noch voll gefahren, auf meinem besten Niveau und bisher habe ich alle Rennen gewonnen!

Mit Pichon gab es ja auch einen kleinen Zwischenfall. Wie ist Euer Verhältnis?
Er geht seinen Weg und ich gehe meinen. Zwischendrin spreche ich nicht mit ihm. Klar, wenn wir uns sehen, sagen wir "Hallo, wie geht es?" - das ist alles. Ich spüre, daß er so wenig wie möglich von mir wissen will. Mich interessiert es im Moment eigentlich nicht so sehr, was er macht und ich denke von seiner Seite ist es dasselbe.

Stefan Everts siegt beim GP in Gaildorf

Aber auch Joel Smets darf man nicht unterschätzen..
Nein, er ist 10 Punkte hinter mir und ist beinahe immer aufs Podium gefahren. Er hat noch immer gute Chancen. Ich hab ihn immer beobachtet, denn er ist ein harter Fighter.

Man hat bei euch beiden das Gefühl Euer Verhältnis ist besser geworden
Das geht so auf und ab. Anfang der Saison hat er einige schlechte Sachen geschrieben, was mich noch mehr motiviert hat. Er redet manchmal etwas viel... Aber ich habe viel Respekt vor ihm und vor dem, was er macht. Mit seinem Talent ist er ein sehr starker Gegner.

Es stehen noch 2 Läufe aus in der WM: Loket (CZ) und Ernée (F)
Loket ist eine Strecke, die ich mag und ich bin dort im letzten Jahr auch ein starkes Rennen gefahren. Im letzten Jahr wurde ich dort Weltmeister, aber das Rennen morgen wird schwieriger sein als in Loket. Auch an Ernee habe ich gute Erinnerungen, dort habe ich schon mehrere Male gewonnen. Ich denke wenn ich körperlich ok bleibe und keine Probleme mit meinem Motorrad bekomme, habe ich gute Chancen.
Morgen wird ein wichtiger Tag für mich, da muß ich gut durchkommen... und hoffentlich noch ein Sieg, das wäre super für meinen Kopf!

Mr.875: Stefan EvertsIm Herbst steht noch ein weiterer Höhepunkt auf dem Programm das MX des Nations..
Ich denke, daß die Amerikaner mit am Start sind, macht es viel interessanter für die Presse und die Fans. Aber das neue System, mit einem Finallauf, finde ich nicht gut - eigentlich ist das Sch**ße. Es muß wie früher sein, 3 kurze Rennen und dann kann man eine Strategie entwickeln. Das macht es interessant. Aber jetzt mit einem Rennen, das ist nicht gut.

Denkst du, daß die Europäer in Zolder einen Heimvorteil haben?
Ich denke nicht, denn das ist eine komplett neue Strecke, die jedes Mal neu gebaut wird. Nur 40 % ist bereits da und 60% wird aufgebaut, wir werden sehen...

Deine Einschätzung?
Ich denke, ich habe eine gute Chance zu gewinnen. Es ist in Belgien, das erste Mal in Zolder, aber die Amerikaner haben ein starkes Team und es ist zu früh etwas dazu zu sagen.

Du hast nun bereits 6 WM - Titel errungen. Wenn du das Gefühl vergleichst, als du deinen ersten Titel erobert hast und jetzt. Was hat sich verändert?
Der erste Titel war schön. Ich war einfach jung und habe nicht so richtig verstanden, was das bedeutet. Der Zweite war für mich sehr wichtig - das war super. Beim Dritten dann, hatte ich so viele Probleme in dem Jahr... und daß ich am Ende noch den Titel geholt habe, das war einfach unglaublich! 1997 war ein ganz starkes Jahr, in dem ich richtig dominiert habe und das war sehr schön. Dann das Comeback im Jahr 2001, das war super für mich und auch die Titel in allen 3 Kategorien zu gewinnen und Mr. 875 zu sein ist mir sehr wichtig.
Das letzte Jahr war für mich nicht so schön. Ich bin eine schlechte Saison gefahren und war nicht auf meinem besten Level. Ich habe immer mit meinem Motorrad gekämpft und nicht mit den Konkurrenten.
In diesem Jahr bin ich wieder auf meinem Top-Niveau wie früher. Ich denke, wenn ich diesen WM - Titel gewinne, das ist einer der wichtigsten, da die Konkurrenz mit Smets und Pichon so stark ist. Ich habe sonst - in meiner ganzen Karriere - immer einen Gegner gehabt und nun in diesem Jahr sind es 2. Das macht es doch schwieriger.

Konzentration am StartWie hat sich Stefan Everts verändert?
Ich bin ganz locker geworden und habe zudem seit Italien sehr viel Spaß, die 125er Kategorie zu fahren und das Ergebnis ist hier egal. Es ist so eine Erfahrung für mich das 125er Rennen als Vorbereitung für die MXGP Klasse zu fahren. Dadurch, daß ich beide Rennen fahre, bin ich den anderen gegenüber einen Schritt voraus. Natürlich muß man die Physis haben um das tun zu können. Ich habe mich körperlich immer sehr gut vorbereitet. Ich habe bereits 6 GPs doppelt gefahren und mein Körper hat sich daran gewöhnt.

Wie hat sich der Motocross - Sport verändert in der Zeit?
Ich habe manchmal auch großen Druck und Stress, so wie am Anfang des Jahres. Jetzt ohne diesen Druck geht natürlich alles viel leichter.. WM-Fahrer zu sein ist schön, aber es ist auch nicht immer einfach im Spotlight zu stehen und auf dem Boden zu bleiben. Ich habe schon alles gehabt in meiner Karriere und denke, daß ich jetzt im Moment die richtige Balance gefunden habe zwischen Training und Erholung. Es ist sehr wichtig gut zu trainieren, aber auch die Ruhe zu haben und mit dem Team zu arbeiten. Mental bin ich so stark wie nie zuvor. Es braucht viele Jahre Erfahrung, um diese Balance zu finden und hoffentlich kann ich das noch 2, 3 Jahre fortsetzen.

Verletzungen haben dich in deiner Karriere oft zurückgeworfen. Das hat sich nun scheinbar verbessert. Kann man etwas gegen Verletzungen tun oder ist das alles Glück?
Vieles im Leben hat eine genaue Ursache. Ich versuche immer das für mich herauszufinden.. und auch aus den schlechten Erfahrungen Positives zu ziehen, auf das ich bauen kann. Das ist es, was mir die Kraft gibt gestärkt zurückzukommen. Ich habe 2 Jahre ziemlich viele Probleme gehabt, nicht nur mit meinem Körper, auch finanziell mit meinem Manager. Das waren so viele Probleme auf einmal, die ich dann Schritt für Schritt aufgearbeitet habe.. und nun bin ich zurück an der Spitze.

Ende des 1. Teils - Im 2. Teil spricht Stefan über den Unfall Pit Beirers, Supercross, Olympia und seine weiteren Pläne! Jetzt weiter zu Teil 2...

Das Interview führte Christian Tünnemann
Fotos: Silke Rinder & C. Tünneman / Feedback willkommen!

wasserwerfer-magazin.de - online magazin