Einfach SCHÖN fahren. Bernd Eckenbach im Interview - wasserwerfer-magazin.de - Seite 2 von 5

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Die Verletzungsgefahr beim Motocross ist groß. Wie gehen die Fahrer und wie gehst du persönlich damit um?

Wir betreiben Hochleistungssport. Auch bei uns passieren Unfälle. Aber ich denke, man sollte in den Medien die schönen Seiten dieses Sports aufzeigen. Zwar schon auch deutlich machen, daß man sich dabei verletzen kann, aber der Leser will eigentlich gesunde Fahrer sehen. Bilder, die dem Zuschauer Spaß machen und nicht Dinge, die ihm Angst machen. Ich denke, daß haben einige in Deutschland noch nicht begriffen, einige Fahrer zumindest.

Heutzutage wird das ja oft von Seiten der Zuschauer gleichgesetzt, daß man ein Draufgänger sein muß um Motocross zu fahren...

Einige Leute meinen doch, wir seien komplette Idioten, aber wir sind Hochleistungssportler. Schaut euch Beloki an bei der Tour de France, der sehr schwer gestürzt ist. Jeder weiß, daß Radrennen gefährlich sein kann. Aber im Normalfall passiert da eben auch nichts. Wieviele Leute fahren und wie wenig passiert. Wieviele Leute fahren Motocross und wie wenig passiert. Wieviele Leute gehen schwimmen und wie viel passiert! So muß man das einfach sehen.

Wir verdienen unser Geld damit. Wir sind Berufssportler. Das Risiko ist kalkulierbar, aber es kann eben immer noch was passieren. Das darf man nie vergessen. Das ist auch die Schnittstelle, welche die guten Fahrer von den ganz guten Fahrern trennt, weil die eben das Risiko eingehen, aber es ist ein kalkulierbares Risiko. Und deshalb finde ich es auch nicht gut, wenn die Fahrer Werbung machen mit ihren vielen Knochenbrüchen. Sowas passiert aber , damit macht man keine Werbung meiner Meinung nach!

Also rechnet man mit solch einem Unfall wie er Pit vor kurzem passiert ist?

Es rüttelt einen schon wach. Bis jetzt war die Frage immer nur: Ich bin verletzt. Was muß ich tun, um möglichst schnell wieder fit zu sein. Die Frage nach irreparablen Schäden ist in den letzten drei Jahren nie aufgekommen. Beim Pit ist es nun irreparabel und das ist es, was uns alle schockiert, weil es das in unserem Bereich die letzten paar Jahre nicht mehr gab.

Ich war schockiert und bin immer noch betroffen davon. Ich war dabei, habe es gesehen und hab mit ihm geredet als er auf dem Boden lag. Und ich hab die Hilflosigkeit in seinen Augen gesehen. Es hat eine Woche gedauert, bis ich dieses Bild wieder aus dem Kopf bekommen habe. Am Samstag danach war ich das erste Mal wieder trainieren, und ich hab das Motorrad sofort wieder eingepackt. Es ging einfach nicht. Ich konnte nicht fahren. Jetzt ist es so, daß ich nicht mehr daran denke, wenn ich fahre. Ich habe auch in Bulgarien nicht daran gedacht, und das war schwierig, weil es kurz vor meinem eigenen Start passiert ist. Außerdem hatten wir das Mietauto zusammen, haben viel zusammen geredet noch kurz vor seinem Start. Ich hab es dann gesehen, und es war echt schockierend ihn da liegen zu sehen.
Aber man ist Profi und man weiß Bescheid über das Risiko, wenngleich man es verdrängt mit der Zeit. Sicherlich läßt sich auch darüber streiten, ob die Sprünge immer höher und immer weiter werden müssen und ob alles immer extremer werden muß. Aber sind wir doch mal ehrlich, auch für uns Fahrer ist es eine Herausforderung. Es ist wie überall, wenn ich die Herausforderung habe und sie meistere, ist das der Reiz von dem Ganzen. Das Hindernis zu sehen und zu meistern. Zu sehen, das hab ich geschafft. Es läßt sich darüber streiten, ob der Sprung an diese Stelle gehört oder nicht. Man muß einfach sagen, es ist Schicksal, es war Schicksal und wenn es auch nur mir hilft damit besser klar zu kommen.

Aber es passieren so viele andere schlimme Sachen im normalen Leben, nicht nur im Sportlerleben... Eine Woche danach war ich mit meiner Frau und meinen Kleinen Kirschen pflücken auf dem Kirschbaum. In 5-6 Meter Höhe. Wenn da ein Ast herunterbricht, kann es genauso passieren.

Dennoch bin ich immer noch betroffen und hoffe nur, daß der Pit es auch wirklich so gut packt, wie man es gerade überall liest. Ich hab mit ihm telefoniert, und er macht eigentlich einen ziemlich starken Eindruck. Ich hoffe für ihn, daß er so bleibt wie er ist.
Wirklich, da macht man sich echt erstmal bewußt, was man an der Gesundheit hat. Man denkt im Alltag gar nicht mehr darüber nach. Alles ist so selbstverständlich. Aber es ist jetzt 5-6 Wochen her, und man steht auf und denkt nicht mehr daran. Muß man aber auch. Denn wenn ich das nicht geschafft hätte, hätte ich sofort aufgehört, egal auf welchem Platz ich wo gestanden wäre. Ich hätte sofort gesagt: "Ok Leute, ich kann's nicht mehr. Das war's. Es geht nicht mehr." Wir müssen den Kopf frei haben für das was wir machen, sonst macht es keinen Sinn.

Wenn man technisch so gut ist wie du, wie motiviert man sich jeden Tag aufs Neue zum Trainieren. Wie wird man noch schneller und vermeidet Routine?

Kein Fahrer ist perfekt... kein Stefan Everts, kein Mickael Pichon und kein Smets und schon gar nicht Bernd Eckenbach, der ist nämlich gerade nur Vierter in der WM. Ich bin jemand, der immer sagt, daß muß besser gehen, kann besser gehen und schneller gehen. Meine Motivation ist, dieses Jahr nochmal unter die ersten fünf zu fahren bei der WM, und die Motivation für die DMX-Serie ist, sie nochmal zu gewinnen nach 10 Jahren. Und da weiß man, daß man hart trainieren muß. Meine zwei Kleinen sind im Moment eine Riesenmotivation für mich und auch das Team, bei dem ich weiß, daß sie 100% hinter mir stehen. Sie setzen sich wirklich dafür ein, daß es mir gut geht, und ich alles habe, um den Erfolg dann auch zu erreichen. Das ganze Paket ist eigentlich die Motivation, die man braucht um jeden Tag zu arbeiten.

Was machst du speziell um z.B. an deiner Geschwindigkeit zu arbeiten?

Ich habe einen neuen Konditionstrainer, den Stephan Nüsser, der recht neue Akzente setzt im Intervalltraining mit dem Motorrad und auch beim Distanzen fahren. Dadurch hat man wieder Anreize. Und letztendlich sind es die Rundenzeiten, die zählen. Und da ist er unerbittlich, aber das ist auch ok so.

Wie sieht eine typische Trainingswoche bei dir aus?

Wenn ich am Wochenende ein Rennen hatte, ist montags Ruhetag, das heißt das ich 45 min laufen gehe und 1-1,5 Stunden radfahre mit einem Puls 120/130 als Regeneration im Enddefekt; dann Dienstag vormittag ins Studio, Krafttraining 1,5 - 2 Stunden, dann Laufen oder Radfahren und abends dann Motorradfahren. Mittwochs ist es dann entweder eine lange Einheit auf dem Fahrrad mit Krafttraining oder Motorradfahren, und Donnerstag ´ne lange Einheit auf dem Fahrrad und Krafttraining oder Motorradfahren. Freitag dann halt zum Rennen. Je nachdem wo es ist, fliege ich oder fahr ich mit dem PKW. Dann noch ein bissle laufen oder ausfahren, daß man sich einstimmt für den nächsten Tag.

Am Rennen selbst fängt es an mit morgens ein wenig laufen gehen und dann Training, freies Training Qualifikation und noch ein bißchen ausradeln. Sonntag dann das Rennen, und dann geht es wieder von vorne los. Ins Bett gehe ich zwischen halb zehn und halb elf, aufstehen im Moment mit den Kleinen um sechs. Es ist echt ein Fulltime-Job. Mit Sponsoren telefonieren, Sachen erledigen, organisieren, Flüge buchen und so weiter. Der Tag ist eigentlich zu kurz.

Wie kommst du über den Winter? Gibt es spezielle Trainingslager, die du im Winter machst oder auch mal eine Trainingspause?

Letzte Jahr hab ich ´ne Pause gemacht. Ich bin nach Spanien gefahren für 3 Wochen. Wir haben da unten ein Haus und dann hab ich gesagt: "Komm, laß uns einfach mal Urlaub machen". Letztendlich war dann Renovieren des Hauses angesagt mit einigen Verletzungen und allem drum und dran, was einem Handwerker so passieren kann. Dann hab ich noch ein Lehrvideo gemacht. Ich hatte auch mein Motorrad dabei und hab da dann wieder gemerkt, wieviel Spaß mir Motocross fahren eigentlich macht. Deshalb hab ich mich nach Spanien im letzten Jahr auch spontan dazu entschlossen den SX-Cup in München zu fahren.
Am Ende der Saison ist man einfach müde, will eigentlich kein Motorrad mehr sehen, weil es immer nur darum geht Rennen zu fahren oder Trainings auf Zeit. Der Druck ist eigentlich immer da.

Dieses Jahr ist das Ende der Saison ziemlich früh. Am 6. Oktober ist, glaube ich, Motocross der Nationen, wenn ich da dabei sein sollte. Ich werde dann auch 3-4 Wochen Urlaub machen, ob mit oder ohne Motorrad weiß ich jetzt noch nicht. Ich hab in Spanien auch einen Jetski, und werde dann vielleicht ein bißchen Jetski fahren und Mountainbiken. Es ist schon so, daß ich immer irgendwas machen muß. Sonst werde ich auch unausgeglichen. Da sagt dann auch schonmal die Claudi: "Komm jetzt mach was, aber nerv mich bitte nicht". Wir waren mal auf den Malediven zum Tauchen. Wunderschöne Insel, aber nach 6 Tagen mußte was passieren. Und dann habe ich angefangen zu schwimmen. Das kann ich überhaupt nicht. Ich hänge echt wie ein Dampfer im Wasser. Aber egal, ich mußte was tun. Und dann bin ich geschwommen. Einmal um die Inseln, zweimal um die Insel, dreimal um die Insel. Und das war dann im Enddefekt auch schon wieder Training. Gar nichts tun geht einfach nicht mehr.

Werden auch medizinische Leistungstests durchgeführt?

Mein Trainer Stephan Nüsser ist an der Uni Köln und macht da Tests mit mir. Er ist im Motocross- Bereich ziemlich aktiv, ist früher selber viel gefahren und sein Herz hängt am Motocross. Er macht aber auch viel mit Triathleten, Mountainbiker, Rennradfahrer und Ruderern. Und bei ihm ist man perfekt versorgt. Nicht nur von der Kontrolle, sondern auch vom Training her, weil er wirklich weiß, was er macht.
Er stellt Tag für Tag Trainingspläne auf, und das ist eine Kontrolle, die man einfach auch braucht. Auch wenn ich in Spanien zum Trainieren bin und das Wetter ist mal schlecht, dann weiß ich, ich muß trotzdem da raus und trainieren. Denn wenn ich wieder zurück bin, kommt der nächste Leistungstest. Dann sieht man ganz genau, ob ich meine Hausaufgaben gemacht habe oder nicht. Ich hab meine Trainingsuhren, wo ich jeden Tag speichern muß und hinterher sitzt es eben alles auf dem Laptop. Man sieht ganz genau, wenn ein Hänger dabei ist. Da kann ich vielleicht einmal sagen: "Oh, da hatte ich einen Platten! ", aber beim 2.+3. Mal wird es schon brenzlig. Er sieht ja alles! Und wenn du die Vorgaben hast, solltest du dich auch daran halten. Besser wäre es natürlich, wenn man den Trainer immer dabei hätte und er mit einem trainiert. Ich sage ja auch immer, Trainer muß man hassen und einige SMS habe ich auch geschrieben, die in die Richtung gingen. Sie kamen aber auch immer richtig auf der anderen Seite an. Denn auch da ist es extrem wichtig, daß man Vertrauen zu demjenigen hat, sonst funktioniert es überhaupt nicht.

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